New Work No. 2 – Was sich zukünftig ändern muss
Wir alle kennen und lieben ihn, den Tag der Arbeit. Die Rede ist hier nicht von einem stinknormalen Arbeitstag, sondern vielmehr von einem ganz besonderen Feiertag. Doch was steckt hinter dem 1. Mai in seiner Rolle als Tag der Arbeit? Um darauf eine Antwort zu bekommen, springen wir am besten ins Jahr 1886. Wir befinden uns in den USA und sind Teil einer Arbeiterbewegung, die sich für die verpflichtende Einführung des Achtstundentages. Mit Hilfe eines Generalstreiks wollte man bessere Arbeitsbedingungen erreichen und gewissermaßen an der zukünftigen Gestaltung des Arbeitens mitwirken – let’s make new Work!
Heute – etwa 135 Jahre später – hat sich der Achtstundentag längst etabliert, und der 1. Mai als freier Tag stellvertretend für alle Arbeitnehmer:innen auch. Doch auch heute gibt es Bestrebungen, die den Arbeitsalltag verändern bzw. verbessern möchten. Visionen und Herausforderungen in unserer Berufswelt drängen auf Veränderungen – doch wie kann das konkret aussehen?
Während sich viele Dinge stetig ändern, gibt es nur wenige Konstanten. Eine dieser Konstanten hilft uns dabei durch das Getümmel der Veränderung zu navigieren: unser Lernwille. Oft merken wir es nicht, doch eigentlich sind wir immer damit beschäftigt, wir lernen ständig. Meistens eben unbewusst. In Expertenkreisen ist dabei von informellem Lernen die Rede, wenn wir Fähigkeiten oder Wissen unbewusst verbessern und erweitern. Spannend ist vor allem, dass besonders wir Deutsche dazu neigen, den sichtbaren, oft institutionalisierten Teil des Lernens negativ zu bewerten. So verlaufen laut einigen Studien immerhin 70% aller Lernprozesse unterbewusst ab. Und doch sind nicht selten Lernverdruss, Überforderung und Prüfungsangst anzutreffen, wenn die Kollegin mit einem Vorschlag für ein Fortbildungsseminar um die Ecke kommt. Es könnte also der Eindruck entstehen, dass Lernen „blöd“ ist. Vielmehr ist es jedoch so, dass wir alle (leider) schon einige Erfahrungen mit unpassender Lerndidaktik gemacht haben oder mit einem wenig zielführenden Lerndesign konfrontiert wurden. Agiles Arbeiten, transparente (Entscheidungs-)Prozesse und Customer First-Mentalität sind Begrifflichkeiten, über die wir im Berufsalltag öfter stolpern. Und wenn wir ehrlich sind, dann gehört das „Lernen“ nicht dazu. Genauso wenig wie wir von einer „Work-Life-Learn-Balance“ sprechen scheint die Relevanz des Lernens für unsere beruflichen Ziele und den Erfolg noch nicht richtig in allen Köpfen angekommen sein. Unsere zukünftige Arbeitswelt braucht deswegen nicht nur eine ausgewogene Work-Life-Balance sondern ein Bewusstsein für gutes Lernen sowie eine motivierende Learning-Experience.
Fortschritt und Führung
Wie gehen Fortschritt und Führung zusammen? Nur mit einem Verständnis für Führung kann es wahren Fortschritt geben. Nur wer die Verantwortung als Preis für die Macht anerkennt, ist in der Lage richtig zu führen. Streitbar ist, was wir unter Verantwortung verstehen. In Bezug auf die Führung von Menschen sind zwei Komponenten entscheidend: Verantwortungsbewusstsein für ein gesellschaftliches Miteinander sowie die Fähigkeit, persönliche Interessen nicht über die Interessen der Gemeinschaft oder eines Teams zu stellen. Inwiefern unterschiedliche Machtbilder aufeinanderprallen können, konnten wir bei der Beantwortung der Kanzlerfragen von Grünen und Union eindrücklich beobachten. Was steht im Vordergrund – die Persönlichkeit oder das Thema? Verantwortung übernehmen oder ein Kräftemessen wer den höheren Status genießt. Welchen Beitrag will und kann ich leisten oder möchte ich mich bloß selbst profilieren? Solange Sie mit Ihrer Verantwortung den Inhalt fokussieren und gewillt sind sich in den Dienst der Gemeinschaft oder einer Sache zu stellen, ist der Weg für eine souveräne Führung geebnet. Nicht zuletzt in der Pandemie haben souveräne und integre Führungspersönlichkeiten mehr Loyalität erfahren als solche, die ihre Position zur Selbstprofilierung nutzen. Als Gesellschaft und generell in der Gemeinschaft ist es unsere Aufgabe integre Führungspersonen zu stärken, zu fördern und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Führung, die den Führungsauftrag vor dem Ego in den Fokus rückt, brauchen wir in Zukunft mehr denn je!
Du oder Ich? Inhalt oder Ego?
Nicht nur Integrität und inhaltliche Zentrierung sind wünschenswerte Attribute einer Führungskraft. Führung sollte zudem gleichermaßen weiblich wie männlich sein, denn das Geschlecht einer Führungskraft ist wahrlich kein Kriterium, das über den Erfolg entscheidet. Ebenso wenig wie die Herkunft. Frauen in Führungspositionen – nach wie vor ein kontrovers diskutiertes Thema. Genauer gesagt wird oft danach gefragt, „warum“ es mehr Frauen in Führungspositionen braucht und nicht danach, was Unternehmen tun können, um beiden Geschlechtern gleichermaßen Chance für eine Führungsrolle zu schaffen. Schlussendlich könnte man den Eindruck gewinnen, dass es eine Rechtfertigung dafür braucht mehr Frauen in Führungspositionen anzusiedeln. Eines sei hiermit gesagt: unabhängig ob Mann oder Frau – entscheidend sollte nicht das jeweilige Geschlecht, sondern die Kompetenzen der Person sein. Nichts anderes. In Praxis sollte es schon aufgefallen sein, dass viele Entscheidungsgremien männerdominiert, wenn sie nicht gar ausschließlich von Männern besetzt sind. In der Zukunft werden Unternehmen, die heute und auch langfristig nicht auf Frauen setzen, vom Markt verschwinden. Die Geschlechtervielfalt am Besprechungstisch sollte in etwa einen Seltenheitswert verglichen mit Lebensmitteln im Supermarkt haben. Unternehmen, ihr Management sowie die Belegschaft sollten Wert auf neue Perspektiven, andere Führungsmethoden und generell frischen Wind gepaart mit neuen Ideen legen. Gerade in strategischen Bereichen wie im Management hängt mitunter die Wettbewerbsfähigkeit davon ab, inwiefern das Unternehmen anpassbar und wandlungsfähig ist.
Neben zeitgemäßen Führungsmethoden und einer ausgewogenen Work-Life-Balance stellt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen wichtigen Faktor im New Work dar. Generell sollten wir zunächst klären, was wir uns unter Vereinbarkeit vorstellen. Nach heutigem Verständnis bedeutet die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die betroffenen Arbeitnehmer:innen, dass sie faktisch so etwas wie zwei Fulltime-Jobs haben, die jeweils 100% Committment fordern. Die Praxis hat hierbei gezeigt, dass damit niemandem geholfen ist, geschweige denn dieses Konstrukt langfristig umsetzbar ist. Die Frage aller Fragen ist – und darauf gibt es bislang noch keine zufriedenstellende Antwort: was müssen Unternehmen bereitstellen, damit Familie und Beruf wie zwei Zahnräder in einem Getriebe ineinandergreifen? Eines kann mit Gewissheit gesagt werden: zukünftige Vereinbarkeit hat mit jener derzeit nur wenig gemein.